Zu wenig Jobs für Bayerns Referendare

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21.01.2011 - (dpa) - Jahrelang wurden sie umworben und gelockt mit der Aussicht auf ein einigermaßen stattliches Gehalt und einen Job auf Lebenszeit. Weil es vor sechs, sieben Jahren hieß, Lehrer würden vor allem am Gymnasium gesucht, entschieden sich viele für das Lehramt. Jetzt aber sieht es so aus, als würde mehr als die Hälfte aller Referendare in Bayern in diesem Jahr keine Anstellung bekommen.

Von den 8000 Lehramtsanwärtern, die im Herbst mit dem Referendariat fertig werden, bekomme nur jeder zweite, vielleicht sogar nur jeder dritte eine Stelle an einer staatlichen Schule, sagt Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) am 18. Januar. Selbst bei einem Abschluss mit einer eins vorm Komma müssen Absolventen bangen.
Im Februar schon werden 500 fertig ausgebildete Gymnasiallehrer auf der Straße stehen. "Wir haben das Problem des sogenannten Schweinezyklus ", sagt Spaenle - des großen Schwankens im Angebot, das im Lehrerberuf so ausgeprägt ist wie kaum anderswo. Dabei könnte der Freistaat diese Lehrer mehr als gut gebrauchen. Seit das Gymnasium auf dem Weg ist, die beliebteste Schulform zu werden (rund 42 Prozent der Schüler wechseln nach der Grundschule ans Gymnasium), sind die Klassen dort nach Angaben des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV) viel zu groß.

Mehr als 30 Schüler pro Klasse seien keine Seltenheit, sagt BLLVPräsident Klaus Wenzel. Jede zehnte Unterrichtsstunde falle dort aus, weil Lehrer fehlen. "In so einer Zeit zu sagen, ich schicke qualifizierte, gut ausgebildete Lehrer aufs Arbeitsamt, wenn sie eigentlich im Klassenzimmer gebraucht werden, das ist doch Wahnsinn." Ähnlich äußert sich auch die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Bayern, Gele Neubäcker. "Das halte ich für eine Katastrophe. Mit viel Mühe und viel öffentlichem Geld haben sie sich für diesen Beruf ausbilden lassen - und jetzt gibt es keine Jobs für sie."
Nach Angaben Spaenles hätte allerdings jeder, der sich für ein Lehramtsstudium entschied, wissen können, was auf ihn zukommt. Die Lehrerbedarfsanalyse, die das Ministerium regelmäßig veröffentlicht, habe schon im Jahr 2006 vorhergesagt, dass es 2011 knapp werden könne. In Zukunft müsse das Lehramtsstudium stärker auf die Situation am Arbeitsmarkt ausgerichtet sein.

Dass vor allem in Fächern wie Deutsch, Englisch, Geschichte und Geografie stets ein Überangebot besteht, ist seit Jahren bekannt. In diesem Jahr aber werden auch Referendare mit Mangelfächern wie Mathe, Physik oder Chemie ohne Job zurückbleiben. "Wir wollen die Jahrgangsbesten in allen Fächern behalten", sagt Spaenle. Und diese nehmen dann im Zweifel auch den dringend benötigten Lehrern der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) die Stellen weg.
"Eine prekäre Situation" urteilt Peter Missy vom Bayerischen Philologenverband (bpv). Er begrüße zwar, dass der Freistaat versucht, die besten Lehrer - egal in welchen Fächern - an sich zu binden, dennoch dürften sie den dringend benötigten Fachlehrern nicht die Stellen wegnehmen. "Schon seit Jahren fordern wir eine Lehrerreserve auch für Gymnasien - jetzt hätten wir die Chance, sie aufzubauen."

Auch BLLV-Chef Wenzel fordert, die jungen Lehrer, die jetzt auf den Markt drängen, zusätzlich einzusetzen, um den Aufbau von Ganztagsangeboten, den die Staatsregierung seit Jahren verspricht, voranzutreiben. Spaenle spricht vom Ziel des ausgeglichenen Haushalts: Für zusätzliche Stellen fehle ihm einfach das Geld. Seine Lösung: die Hauptschule. Dort werde eine Vielzahl von Lehrern gebraucht. Nach Angaben seines Ministeriums ist es einem jungen Lehrer, der seine Fächer auf Gymnasiallehramt studiert und auch sein Referendariat an dieser Schulform gemacht hat, im Bedarfsfall möglich, noch in letzter Sekunde umzusatteln und an eine Hauptschule zu gehen. Der Wechsel zwischen den Lehramtsformen müsse auch schon während des Studiums deutlich erleichtert werden.
Britta Schultejans (dpa-Dossier Bildung Forschung 04/24.01.2011)

 
 

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